Digitale Produkte und Dienstleistungen entwerfen

Innerhalb der Web- und Entwickler-Community gibt es keinen kohärenten Standard, der ein „Design-System“ allgemeingültig oder vollumfänglich beschreibt. Begriffe wie „Style-Guide“, „Pattern Library“, „Design Manual“ oder gar „Design Thinking“ werden wechselnd benutzt, um unterschiedlich umfängliche Gestaltungsvorlagen oder Prozesse zu beschreiben.

Das hier vorgestellte Digital Design System ist aus der Erfahrung mit zahlreichen unterschiedlich komplexen und umfangreichen Projekten entstanden. Für den Erfolg eines Digital-Projekts hat sich dabei nicht nur die faktische Erfüllung von Anforderungen klassischer Lasten- und Pflichtenhefte erwiesen, sondern die gemeinsame Identifikation, Entwicklung, Modifikation und Evaluation von Anforderungen und Bedürfnissen der Nutzer, sowie die gemeinsame – Auftraggeber und Auftragnehmer – multiperspektivische Begleitung des gesamten Entwicklungsprozesses beginnend mit der Initiierung eines Projekts.

Das Digital Design System Schleswig-Holstein ist daher ein prozess- und nutzerzentriertes System. Es bietet Anwendern ein Phasenmodell, Methoden und Handlungsmuster, mit denen sie User-Centered-Design in Ihrem Bereich für digitale Dienstleistungen, Produkte und Prozesse initiieren, mitentwickeln, begleiten und beurteilen können.

Für die visuelle Designphase umfasst es darüberhinaus gestaltungsnahe, jedoch allgemeingültige Hinweise zu Typografie, Farben, Abständen, Piktogramme sowie zu konkreten Elementen von User-Interfaces wie Buttons, Navigation, Fortschrittsanzeigen, Benachrichtigungen u.s.f.

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Was als elektrisches Rechenwerkzeug für eine wissenschaftliche Elite in der Mitte des 20. Jahrhunderts seine Anfänge nahm, hat sich trotz gegenteiliger Prognosen bis zum Ende des Jahrhunderts zu einem gewöhnlichen Haushaltsgerät fortentwickelt: der Personal Computer. Im neuen Jahrtausend war zunächst die Vernetzung der immer kleineren Geräte das treibende Thema. Ab 2010 begann die Durchdringung des Alltags durch digitale Geräte und Dienste. 

Die Digitalisierung ist ebenso wie die Globalisierung ein weltweiter Trend, der zunehmend wesentlichen Einfluss auf Unternehmen, wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, Alltagsbewältigung aber auch das Lebensgefühl hat. 

Digitalisierung betrifft alle Bevölkerungsgruppen und -schichten – ob sie wollen oder nicht – und das in einem zunehmenden Tempo. Während das Telefon 50 Jahre benötigte, um sich auf eine Nutzerschaft von 50 Millionen zu verbreiten, benötigte die Social-Media Plattform „facebook“ dazu nur 3 Jahre und das aus dem asiatischen Raum stammende soziale Netzwerk „TikTok“ schaffte das in gut einem Jahr.

Die nächste Phase der Digitalisierung wird die weitere Durchdringung und Vernetzung aller Lebens- und Arbeitsbereiche sein. Das umfasst einfache und komplexe Prozesse gleichermaßen. Wer seine Lampen zuhause aus dem Urlaub fernsteuert, möchte auch seine Steuererklärung mit ein paar Klicks erledigen, rechtzeitig über Bebauungspläne in seiner Nachbarschaft informiert werden, einen virtuellen Beratungstermin vereinbaren oder ganz allgemein Anträge stellen und bearbeiten lassen.

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Verschiedene Alters- und Lebensstilgruppen kommen unterschiedlich gut und schnell mit veränderten Bedingungen oder neuen Produkten und Dienstleistungen zurecht. Dabei spielt vor allem das Lebensalter und die Bereitschaft, digitale Dienste zu nutzen, eine wesentliche Rolle. Privatwirtschaftlich ausgerichtete Unternehmen können sich aussuchen, ob und wie sie ihre Kunden, Mitglieder oder Interessenten ansprechen und digital abholen. 

Öffentliche Einrichtungen sind der Inklusion verpflichtet. Ihre Produkte und Dienstleistungen richten sich prinzipiell an alle Bürgerinnen und Bürger. Das heißt, der Anspruch an digitale Dienste und Produkte aus diesem Bereich ist weitaus umfassender, sowohl in konzeptioneller als auch operativer Hinsicht.

Daher müssen sie so konzipiert und gestaltet werden, dass sie von möglichst vielen Anwender:innen leicht und unmissverständlich benutzt werden können. 

Usability – auch Gebrauchstauglichkeit oder Benutzerfreundlichkeit – beschreibt dabei das Ausmaß, in dem Produkte, Systeme oder Dienste durch bestimmte Benutzer in einem bestimmten Anwendungskontext genutzt werden kann, um bestimmte Ziele effektiv, effizient und zufriedenstellend zu erreichen

Während gute Usability kaum wahrgenommen wird, weil alle Ziele leicht und problemlos erreicht werden können, fällt schlechte Usability durch unausgeräumte Hindernisse, schlechtes oder fehlendes Fehlerhandling und die daraus resultierende Frustration auf. Die bloße Abwesenheit oder Eliminierung von Frustrationsauslösern führt jedoch nicht automatisch zu einem ansprechenden Produkt. Dies ist vielmehr nur eine Basisfunktionalität. Für eine breite Akzeptanz und die Bereitschaft, digitale Dienste und Produkte regelmäßig zu nutzen, benötigen wir jedoch Leistungs- und Begeisterungsmerkmale.

Usability wird daher um User Experience Design (UX Design oder kurz UX) erweitert. UX beschreibt das ästhetische und emotionale Erlebnis, das ein Nutzer bei, mit und durch einen Dienst oder ein Produkt erfährt: Positive Gefühle, Vertrauensbildung, Freude an der Nutzung (Joy of use). 

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